«Jugendlichen zeigen, wie vielseitig die Berufe der Textilbranche sind»

Comments · 989 Views

MIRJAM MATTI GÄHWILER / MICHAEL BERGER — 07.09.2022
Vom 7. bis 11. September 2022 findet in Bern die grösste Berufsmesse der Schweiz, die Swiss Skills statt. Gezeigt werden über 150 verschiedene Berufe. Auch Swiss Textiles ist mit der Nachwuchskampagne «Sorge für Gesprächsstoff

HEAD OF EDUCATION AND TRAINING MICHAEL BERGER Swiss Textiles

 

Bei der Berufswahl stehen die Textilfirmen in Konkurrenz zu vielen anderen Unternehmen, anderen Berufen. Was motiviert, in der Textilbranche Fuss zu fassen?

Michael Berger: Unsere Branche hat heute ihren Schwerpunkt in Bereichen, wo hohe Innovationskraft gefragt ist. Die Tätigkeiten sind sehr vielseitig und spannend. Die Mitarbeitenden in der Textil- und Bekleidungsbranche helfen mit, hochmodische, hochtechnische und vor allem innovative Produkte zu entwickeln, zu produzieren oder zu verkaufen. Durch den Umgang mit den verschiedensten Materialien werden Emotionen angesprochen. Die Mitarbeitenden werden während ihrer Tätigkeit in unterschiedlichen Bereichen und Abteilungen eingesetzt, was eine abwechslungsreiche und verantwortungsvolle Arbeit mit sich bringt. Ich würde sagen, dass es wenige Branchen gibt, die eine so grosse Vielfalt an Produkten anbieten, die im täglichen Bedarf unverzichtbar sind. Da Fachkräfte auf allen Stufen gesucht werden, ist das persönliche Entwicklungspotenzial in den Unternehmen gross und individuelle Karriereschritte im In- und Ausland werden ermöglicht.

Was sind die Perspektiven nach dem Lehrabschluss?

Weil unsere Branche so stark spezialisiert und in hohem Masse von technischen Entwicklungen geprägt ist, benötigen wir gut ausgebildete Fachkräfte, die sich auch weiterbilden können. Toll ist, dass unsere Branche eine sehr breite Palette an Aus- und Weiterbildungen anbietet. So abwechslungsreich und spannend wie die Anwendungsfelder der Textilien sind, so vielfältig ist auch das Angebot an Weiterbildungen. Nach Abschluss der Grundbildung kann das Fachwissen entweder «on the job» im internationalen Umfeld oder mit einer gezielten Weiterbildung erweitert werden. Zur Auswahl stehen Zweitlehren, Berufsprüfungen, Höhere Fachprüfungen, Höhere Fachschulen sowie Bachelor- und Masterlehrgänge mit Abschlüssen in den Bereichen Technik, Design, Mode oder Wirtschaft. Gut ausgebildete Fachleute sind und bleiben heiss begehrt!

 

Wie sind die Fachkräfte in der Textilbranche zusammengesetzt? Welche Berufe sind vor allem gefragt?

In der Textil- und Bekleidungsbranche finden sich sehr viele Berufsfelder. Diese reichen von klassischen textilen Berufsfeldern wie der Textilverarbeitung, den technischen Fachkräften oder den kreativen Berufen (Fashion und Mode), bis hin zu Berufen der Metallverarbeitung und des Maschinenbaus, Ingenieurberufen oder Berufen der Informatik. Gemäss einer Umfrage bei unseren Mitgliedern ist auch bei uns ein Fachkräftemangel spürbar. In Zukunft sind vor allem in der Grundbildung Textiltechnologen, Textiltechnologinnen mit den fünf Fachrichtungen Textilpraktiker, Textilpraktikerinnen, Laboranten, Laborantinnen mit Fachrichtung Textil und in der tertiären Bildungsstufe Textiltechniker, Textiltechnikerinnen, Technologiespezialisten, Technologiespezialistinnen Textil sowie Informatiker, Informatikerinnen und Ingenieure, Ingenieurinnen gefragt.

Der Fachkräftemangel wurde schon angesprochen. Wie unterstützt der Verband seine Mitglieder in der Bewältigung des Fachkräftemangels?

Der «War for Talents» ist allgegenwärtig, was heisst, dass alle Branchen händeringend nach Fachkräften suchen. Auch Swiss Textiles setzt sich mit Kommunikationsmassnahmen und zielführenden Aus- und Weiterbildungen dafür ein, dass die Mitglieder die richtigen Fachkräfte finden. Mit Partnerschaften bei anderen (Bildungs-)Institutionen soll der Zugang zu den richtigen Zielgruppen erleichtert werden. Und durch politische Massnahmen sollen die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Bedürfnisse der zukünftigen Mitarbeitenden abgedeckt werden können.

Welche Herausforderungen sehen Sie heute und in Zukunft, junge Menschen für eine Lehre in der Textilbranche zu begeistern?

Die Textilbranche steht in direkter Konkurrenz mit ganz vielen anderen Branchen, wenn es darum geht, Fachleute zu gewinnen. Die heute 13- bis 15-jährigen Jugendlichen sind also per se schon sehr stark umkämpft. Herausfordernd kommt hinzu, dass die Jugendlichen in einem ersten Schritt an das «Textile» herangeführt werden müssen, ihnen also aufgezeigt werden muss, was diese Branche beinhaltet, zu bieten hat und welche spannenden Berufsfelder angeboten werden. Leider haftet in den Köpfen vieler noch ein altes und verstaubtes Bild der Textil- und Bekleidungsbranche, das es gilt zu verbessern. Weiter erschwerend kommt hinzu, dass immer mehr Jugendliche den gymnasialen Weg einschlagen, oft getrieben durch die Eltern, die selbst eine akademische Laufbahn absolviert haben oder die das Schweizer Berufsbildungssystem nicht kennen. Auch hier muss der Hebel angesetzt werden, um aufzuzeigen, wie spannend und attraktiv Berufe in unserer Branche sind, dass nach einer beruflichen Grundbildung viele Wege möglich sind und dass aufgrund der Durchlässigkeit von einem Bildungssystem in ein anderes alle Karrierewege offenstehen.

Wie motivieren Sie die Mitglieder, Jugendliche auszubilden?

Ausbilden ist eine wertvolle und immens wichtige Investition in die Zukunft: Durch die Ausbildung von qualifizierten Nachwuchskräften leisten die Unternehmen einen essenziellen Beitrag für die Zukunft des Unternehmens und der Branche, indem sie genau die Fachkräfte ausbilden können, die benötigt werden. Die Lernenden können schon während der Ausbildung als Fachkräfte eingesetzt werden. Wichtig ist, Jugendlichen eine Chance auf einen erfolgreichen Start in die berufliche Laufbahn zu gewähren, was nur die Unternehmen, die ausbilden, gewährleisten können. Und zufriedene Lernende werben in ihrem Umfeld für sie, was sich positiv auf den Bekanntheitsgrad und das Image des Unternehmens auswirken wird.

Worauf freuen Sie sich an den Swiss Skills am meisten?

Die diesjährigen Swiss Skills sind die grössten aller Zeiten. Erwartet werden 120'000 Besucherinnen und Besucher, die sich über die verschiedenen Berufe informieren wollen. Swiss Textiles ist mit einem 230 Quadratmeter grossen Stand vor Ort. So freue ich mich, dass wir den Schülerinnen und Schülern im Berufswahlprozess sowie deren Eltern und Lehrpersonen auf eine attraktive und spielerische Art die textile Welt näherbringen können. Ich bin überzeugt, dass wir auf viel Interesse stossen werden.

Nachgefragt!
Wir haben Berufsbildnerinnen und Berufsbildner gefragt, warum sie sich für sie sich für die Ausbildung Jugendlicher engagieren.

  1. Wie viele Lernende bilden Sie aus?
  2. Was ist Ihre Motivation, Lernende auszubilden?
  3. Welche Perspektiven haben Lernende nach dem Abschluss in Ihrer Firma oder in der Branche?
  4. Was ist für Sie das Wichtigste, das Sie Lernenden in der Ausbildung weitergeben wollen?

 

Claudia Matthias, Sefar AG

1. Die Sefar AG bildet jährlich über alle Jahrgänge und Berufe 22 bis 24 lernende Personen aus.

2. Gerne bilden wir Fachkräfte im Haus aus, die dann auch möglichst übernommen werden. Auch kehren viele lernende Personen nach Jahren anderer Berufserfahrung oder Weiterbildung in unser Unternehmen zurück. Für unsere Mitarbeitenden und auch für die Vorgesetzten ist es eine enorme Bereicherung und Freude, mit jungen Menschen zusammenzuarbeiten. Junge Menschen sind positiv für das ganze Betriebsklima. Allen Mitarbeitenden macht es Spass, ihr Wissen zu teilen.

3. Lernende Personen werden grundsätzlich übernommen, wenn die Leistung während der Lehrzeit zufriedenstellend war. Für Textiltechnologinnen oder Textiltechnologen EFZ bietet die STF Zürich tolle Weiterbildungsmöglichkeiten an. Beliebt ist die Technikerin-/Technikerausbildung HF oder eine Weiterbildung im wirtschaftlichen Bereich.

4. Neben dem fachlichen Wissen, welches sicher die Basis ist, möchte ich den jungen Menschen Selbstvertrauen mitgeben, dass es immer eine Lösung gibt für eine Herausforderung, sowohl im fachlichen wie auch im persönlichen Bereich.

Claudia Matthias, Sefar AG

1. Die Sefar AG bildet jährlich über alle Jahrgänge und Berufe 22 bis 24 lernende Personen aus.

2. Gerne bilden wir Fachkräfte im Haus aus, die dann auch möglichst übernommen werden. Auch kehren viele lernende Personen nach Jahren anderer Berufserfahrung oder Weiterbildung in unser Unternehmen zurück. Für unsere Mitarbeitenden und auch für die Vorgesetzten ist es eine enorme Bereicherung und Freude, mit jungen Menschen zusammenzuarbeiten. Junge Menschen sind positiv für das ganze Betriebsklima. Allen Mitarbeitenden macht es Spass, ihr Wissen zu teilen.

3. Lernende Personen werden grundsätzlich übernommen, wenn die Leistung während der Lehrzeit zufriedenstellend war. Für Textiltechnologinnen oder Textiltechnologen EFZ bietet die STF Zürich tolle Weiterbildungsmöglichkeiten an. Beliebt ist die Technikerin-/Technikerausbildung HF oder eine Weiterbildung im wirtschaftlichen Bereich.

4. Neben dem fachlichen Wissen, welches sicher die Basis ist, möchte ich den jungen Menschen Selbstvertrauen mitgeben, dass es immer eine Lösung gibt für eine Herausforderung, sowohl im fachlichen wie auch im persönlichen Bereich.

 

Andrin Holzer, Huber Co. Bandfabrik AG

1. Wir haben eine Lernende im 2. Lehrjahr als Textiltechnologin EFZ

2. Es ist ein Fakt, dass wir in unserem Industriezweig auf junge Talente angewiesen sind. Deshalb ist es an uns Textilbetrieben, den Nachwuchs auszubilden, denn diese Arbeit kann uns niemand abnehmen. Grundsätzlich sehen wir die Berufslehre als ausschlaggebenden Grund, weshalb wir in der Schweiz eine sehr tiefe Jugendarbeitslosigkeit haben. Durch das Ausbilden können wir unseren Teil dazu beitragen. Und letzten Endes macht es einfach viel Spass, einen jungen Menschen durch diese interessante Zeit zu begleiten.

3. Je nach Stärken und Interessen kann eine Lernende nach dem Abschluss verschiedene Tätigkeiten in der Firma übernehmen. Das kann eine Funktion in der Produktionslinie oder in der Entwicklung von neuen Produkten sein. Mit Weiterbildungen an der Schweizerischen Textilfachschule oder anderen Hochschulen kann eine Lehrabgängerin weiter gefördert werden, so dass sie Verantwortung für ein Team übernehmen kann.

3. Neben dem Vermitteln von fachlichem Wissen ist es sehr wichtig, die Lernenden in ihrer eigenen Persönlichkeit zu stärken. Also einen Rahmen zu schaffen, wo sie das selbstständige Denken und Handeln üben und ausbauen können

SWISS TEXTILES AN DEN SWISS SKILLS 2022

Comments